Vorzeitige Kreditrückzahlung mit Sondertilgungen

Sondertilgungsrechte während der Immobilien-finanzierung

Mit Sondertilgung werden Zahlungen außerhalb des bei Darlehensabschluss vereinbarten Tilgungsplans bezeichnet. Doch während diese außerplanmäßigen Rückzahlungen bei einem Konsumkredit immer möglich sind, wenn auch nicht immer kostenlos, sind sie bei einer Immobilienfinanzierung grundsätzlich ausgeschlossen. Es sei denn, bei Darlehensabschluss wurde eine entsprechende Vereinbarung getroffen.

Seit die Bauzinsen im Zuge der extremen EZB-Zinspolitik kontinuierlich fielen, bekamen Sondertilgungen einen neuen Stellenwert. Denn abgesehen von einer möglichst schnellen Entschuldung der selbst genutzten Immobilie, was immer von Vorteil ist, ist es natürlich sehr viel lukrativer, überschüssige Liquidität zur schnelleren Rückzahlung eines Immobilienkredites zu verwenden, als sie fast zum Nulltarif als Tages- oder Festgeld zu parken.

1. Erfreulicher Doppeleffekt: Weniger Zinsen, kürzere Laufzeit

Besonders interessant ist der Doppeleffekt, der bei Annuitätendarlehen durch Sondertilgungen entsteht: Zum einen verkürzt sich die Laufzeit des Darlehens (übliches Verfahren ohne besondere Absprache), zum anderen erhöht sich nach jeder Sondertilgung der in der vereinbarten Rate enthaltende Tilgungsanteil.

Denn zum Wesen der Annuitätenrate gehört, dass der monatlich zu zahlende Betrag, der sich aus dem Zinssatz sowie der gewählten Anfangstilgung in Prozent zur Ursprungsdarlehenssumme zusammensetzt, während der gesamten Zinsbindungsperiode identisch bleibt. Und da jeder zurückgezahlte Euro die Zinslast reduziert, erhöht sich automatisch mit jeder plan- oder außerplanmäßigen Rückzahlung der Tilgungsanteil.

1.1 Rechenbeispiele zu Sondertilgungen

Beispiel: Auswirkungen von Sondertilgungen auf den Effektivbetrag

Bei einem auf zehn Jahre zinsgesicherten Darlehen in Höhe von 100.000 Euro mit einem Zinssatz von 2,5 % p.a. und einer Anfangstilgung von 2,00 % p.a. (monatliche Annuitätenrate 375 Euro) ohne Sondertilgungen beträgt die Restschuld zum Zinsbindungsende 77.588,47 Euro. Unter der Annahme, dass der Zinssatz nach Ablauf der Zinsbindung unverändert bleibt, liegt die Gesamtlaufzeit bei 32,9 Jahren.

Bei einer jährlichen Sondertilgung in Höhe von 5 %, die regulär nicht zu einer Ratenreduzierung, sondern zu einer Laufzeitverkürzung genutzt wird, beträgt der Darlehensrest nach zehn Jahren noch 21.213,56 Euro. Die Differenz zum Restbetrag ohne Sondertilgungen liegt demnach bei 56.374,91 Euro. Doch es wurden "nur" Sondertilgungen in Höhe von 50.000 Euro geleistet. Folglich führen die Sondertilgungen über die geleisteten außerplanmäßigen Zahlungen hinaus zu einer um 8.091,14 Euro erhöhten Tilgung. Die Gesamtzinslast der ersten zehn Jahre verringert sich durch die Sondertilgungen von 22.411,53 Euro auf 16.213,56 Euro.

Der Doppeleffekt entsteht, wenn die Sondertilgung auf den Effektivbetrag gezahlt wird. Möglich sind aber auch Sondertilgungen auf den Nominalbetrag. In einem solchen Fall wird die Annuitätenrate jeweils an den durch die Sondertilgung reduzierten Darlehensbetrag angepasst. Damit sinkt die Annuitätenrate, während die Darlehenslaufzeit unverändert bleibt.

Beispiel: Auswirkungen von Sondertilgungen auf den Nominalbetrag

Bei einem Darlehen mit identischen Eckdaten lässt sich durch jährliche Sondertilgungen von 5 % auf den Nominalbetrag die Annuitätenrate von anfänglich 375 Euro pro Monat sukzessive bis auf 140,35 Euro im zehnten Jahr reduzieren. Die Restschuld nach zehn Jahren beläuft sich bei dieser Methode auf 36.670,01 Euro.

Bauzinsrechner mit Sondertilgungsoption

Eigene Beispielrechnungen können Sie mit unserem Bauzinsrechner erstellen. Der Bauzinsrechner liefert unter anderem einen Tilgungsplan und die Möglichkeit, jährliche oder einmalige Sondertilgungszahlungen mit einzuberechnen.

2. Der Hintergrund von Sondertilgungs-vereinbarungen: Entstehende Zinsschäden bei außerplanmäßigen Zahlungen

Ein langfristig zinsgebundenes Immobiliendarlehen kann innerhalb der Zinsbindungszeit grundsätzlich nicht ohne Zustimmung der Bank weder ganz oder noch teilweise zurückgeführt werden. Nur in wenigen Ausnahmen, beispielsweise bei Verkauf des Finanzierungsobjektes, muss die Bank der vorzeitigen Rückzahlung zustimmen. Doch auch dann ist der Darlehensnehmer verpflichtet, den entstehenden Zinsschaden zu übernehmen. Dieser Schaden entsteht dadurch, dass sich die Bank im Idealfall die Mittel für den Kredit langfristig besorgte (laufzeitkongruente Refinanzierung), in der Regel geschieht dies durch die Emission von Pfandbriefen oder Schuldverschreibungen. Folglich muss sie dem Anleger auch während der gesamten Zinsperiode den vereinbarten Zinssatz zahlen.

Wenn eine Sondertilgung erfolgt, fehlt der Bank für den nicht eingeplanten Tilgungsbetrag der Zinszahler. Sie muss deshalb eine Wiederanlage tätigen. Wenn der für die Restlaufzeit mögliche Anlagezins unterhalb des ursprünglich vereinbarten Kreditzinses liegt, entsteht stets ein Zinsschaden, den der Darlehensnehmer tragen muss.

2.1 Nur Sondertilgungsrechte ermöglichen flexible Teilrückführungen

Das gilt ohnehin nur für mögliche Sondertilgungen mit vorheriger Genehmigung, ebenso wie für eine Komplettrückzahlung. Nur in einem Fall steht es dem Kunden unabhängig von einer noch bestehenden Zinsbindung frei, den Darlehensrest ganz oder teilweise vorzeitig zu tilgen, nämlich gemäß § 489 I Nr. 2 BGB, d. h. nach Ablauf von zehn Jahren unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist. Es sei denn, er vereinbarte bei Darlehensabschluss Sondertilgungsmöglichkeiten. Und diese Sondertilgungsvereinbarungen haben in den vergangenen Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen. Von vielen Anbietern werden sie sogar bis zu 5 % jährlich (Basis: Ursprungsdarlehensbetrag) ohne Zinsaufschlag zugestanden.

Der Verbraucher sollte sich dennoch nicht täuschen lassen. Kostenlos eingeräumt werden die Sondertilgungsrechte derzeit nur, weil wir uns in einer historischen Tiefzinsphase befinden. Bei derzeit angebotenen durchschnittlichen Zinssätzen von je nach Beleihungsauslauf 0,80 % bis 1,34 % für Darlehen mit 5-jähriger Zinsbindung und 1,20 % bis 1,58 % für Darlehen mit 10-jähriger Zinsbindung kann bei späteren Sondertilgungen kaum ein großer Zinsschaden entstehen. Dazu müssten die Zinssätze noch weiter abrutschen, und diese Tatsache ist recht unwahrscheinlich.

Die kostenlos eingeräumten Sondertilgungsmöglichkeiten kosten die Banken aktuell mit großer Wahrscheinlichkeit keinen Cent. Dennoch sollte jeder Häuslebauer genau prüfen, ob das Institut, das kostenlos Sonderrückzahlungsrechte einräumt, tatsächlich das günstigste Angebot bereithält. Denn es ist theoretisch möglich, allen Aussagen über kostenlose Sondertilgungsrechte zum Trotz, dass die Mehrkosten vorher eingepreist wurden. Die richtige Vergleichsbasis ist wie immer der Effektivzinssatz.

2.2 Weitere Vorteile kostenloser Sondertilgungsmöglichkeiten

Inzwischen gehören Sondertilgungsmöglichkeiten fast zur Grundausstattung eines Immobiliendarlehens. Und es gibt, wie oben beschrieben, mindestens zwei gute Gründe dafür, diese Rechte in Anspruch zu nehmen: die Verkürzung der Darlehenslaufzeit sowie die Einsparung von Zinsen.

Ein drittes Argument hätten wir noch anzubieten: Wer sein Immobiliendarlehen während der Zinsbindung komplett zurückzahlen muss, weil er beispielsweise das Objekt verkauft, erspart sich durch Sondertilgungsrechte auch einen Teil der oft fällig werdenden Vorfälligkeitsentschädigung. Die jährlichen Sondertilgungsrechte müssen bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung zugunsten des Darlehensnehmers berücksichtigt werden. Auf diese Beträge darf kein Zinsschaden gerechnet werden.

3. Was ist bei Sondertilgungsrechten zu beachten?

Zunächst einmal: Auch wenn sich das Wort Kredit von Vertrauen ableitet, sollte sich niemand auf ein mündliches Zugeständnis von Sonderrückzahlungsmöglichkeiten verlassen: Derartige Vereinbarungen sollten grundsätzlich Bestandteil des Darlehensvertrages sein.

3.1 Darlehensvertrag: Formulierung der Sondertilgungsrechte

Die Ausformulierung sollte folgende Details klären:

  1. Zu welchen Terminen sind Sondertilgungen möglich? Manche Institute gestehen für die Sondertilgungen diverse Termine pro Jahr zu, andere beschränken die außerplanmäßigen Tilgungen auf einen Termin pro Jahr.
  2. Sind in einem Jahr nicht geleistete Sonderzahlungen auf das folgende Jahr übertragbar? In der Regel ist das nicht der Fall. Das bedeutet: Tilgungstermin oder –termine nicht aus den Augen verlieren!
  3. Bestehen betragliche Mindestanforderungen an Sondertilgungsrechte? Ein großer Anbieter von Baufinanzierungen lässt Sondertilgungen beispielsweise erst ab 1.250 Euro pro Jahr zu.
  4. Wann erfolgt die Tilgungsverrechnung nach einer Sondertilgung? Tipp: Zur Optimierung der Zinsersparnis immer wenige Tage vor diesem Termin zahlen.
  5. Sind Sondertilgungen sofort oder erst nach Ablauf einiger Jahre möglich?
  6. Führen Sondertilgungen zu einer Laufzeitverkürzung oder zu einer Ratensenkung? Die erstgenannte Variante ist zur Minimierung der Zinslast die bessere. Sie ist in der Regel immer gültig, wenn nichts Gegenteiliges vereinbart wird.
  7. Sind die Sondertilgungen tatsächlich kostenlos möglich? Man mag es kaum glauben, aber manche Institute werden mit Sondertilgungsmöglichkeiten und "vergessen" dabei das Wörtchen "kostenlos" - aus gutem Grund.

4. Für wen sind Sondertilgungsrechte interessant?

Kurz gesagt: bei tatsächlich kostenloser Einräumung für jeden. Selbst dann, wenn wie in vielen Fällen die finanzielle Situation Sondertilgungen während der ersten zehn Jahre nach Erwerb des Objektes kaum ermöglicht. Denn bei einer nicht eingeplanten Trennung vom Beleihungsobjekt während der Zinsbindungsphase können die Sonderrechte aufgrund ihres verpflichtenden Ansatzes bei der Ermittlung einer eventuellen Vorfälligkeitsentschädigung wertvoll sein. In den vergangenen Jahren zeigte sich aber, dass die meisten Häuslebauer ihre Sondertilgungsrechte nicht wahrnehmen.

Interessant sind außerplanmäßige Zahlungen immer dann, wenn der Darlehensnehmer einmal pro Jahr mit Sonderzahlungen, wie einem Leistungsbonus, einer Erfolgsprämie oder anderen unregelmäßigen Vergütungen rechnen kann. Derartige Mittel sollten zum Teil zur Sondertilgung verwendet werden.

Erwartet der Darlehensnehmer innerhalb des Zinsbindungszeitraumes Mittelzuflüsse aus einer Lebensversicherung oder einem Bausparvertrag, die zur Teilrückführung des Immobiliendarlehens verwendet werden sollen, sind jährliche Sondertilgungsrechte nicht wirklich zielführend. In einem solchen Fall ist es geschickter, zwei separate Darlehen abzuschließen: Das eine mit der normalen Regeltilgung, das andere mit einer endfälligen Tilgung, abgestimmt auf den erwarteten Liquiditätszufluss. Um die Zinslast möglichst gering zu halten, sollte alle verfügbare Liquidität in die Regeltilgung des Annuitätendarlehens fließen. Die Variante mit den zwei Darlehen ist der Variante mit einer einmaligen fest vereinbarten Sondertilgung in Höhe des erwarteten Zuflusses in jedem Fall vorzuziehen, da Darlehen mit kürzerer Zinsbindung günstiger sind als solche mit langer Bindung.

4.1 Wann sind Sondertilgungsrechte überflüssig?

Wer sein Eigenheim mithilfe eines Bausparvertrages finanziert, muss sich keine Gedanken um außerplanmäßige Rückzahlungen machen. Auf Bauspardarlehen können grundsätzlich kostenlose Sondertilgungen geleistet werden. Das ergibt sich aus der speziellen Refinanzierung solcher Darlehen: Sie werden nicht am Kapitalmarkt aufgenommen, sondern stammen ausschließlich aus den von anderen Bausparern geleisteten Einzahlungen nebst darauf gezahlten Zinsen und Prämien. Somit entsteht bei Sondertilgungen kein Zinsschaden; folglich sind sie jederzeit erlaubt.

Über den Autor

Adam G. Butkiewicz

Adam G. Butkiewicz

Adam G. Butkiewicz ist Geschäftsführer und Gründer der HypoChart GmbH, dem Online-Spezialisten für Vergleich und Entwicklung von Baufinanzierungszinsen.

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