Crowdinvesting ist eine spezielle Form der Unternehmensfinanzierung. Bei dem über eine Internet-Plattform abgewickelten Crowdinvesting beteiligt sich eine Vielzahl von Investoren ("Crowd") mit zumeist kleineren Geldbeträgen an der Finanzierung eines Projektes.

Das eingesammelte Kapital wird dem Eigenkapital des Unternehmens zugerechnet. Die Investoren erhalten allerdings in aller Regel keine Stimmrechte oder sonstige Mitwirkungsrechte, wie sie einem vollberechtigten Unternehmensgesellschafter zustehen. Im Gegenzug wird den Kleinanlegern ein überdurchschnittlich hoher Ertrag versprochen, dessen tatsächliche Auszahlung jedoch vom Unternehmenserfolg abhängt.

1.1 Chancen und Risiken für Crowdinvesting Investoren

Der Reiz einer Crowdinvesting-Kapitalanlage besteht darin, dass bereits mit kleinen Investitionsbeträgen hohe Renditen erzielt werden können. Allerdings ist Crowdinvesting mit besonders hohen Risiken verbunden, was auch die Gefahr eines Totalverlustes des eingesetzten Kapitals einschließt. Crowdinvestoren können ihr Verlustrisiko durch Streuung des Anlagekapitals auf verschiedene Projekte eingrenzen.

Verbraucherzentralen: hochspekulative Anlage mit hohem Verlustrisiko

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen fordert eine Obergrenze für Anlagebeträge (z. B. in Höhe von 1.000 Euro), um die Risiken des Crowdfunding für den einzelnen Anleger zu begrenzen. Beim Crowdinvesting handele es sich um “hochspekulative Anlagen, die für Verbraucher weder zur Altersvorsorge noch zum Vermögensaufbau geeignet sind.” Das Verlustrisiko sei hoch. Auch die Crowdinvesting-Plattformen weisen auf die Möglichkeit eines Totalverlustes hin.

1.2 Vorteile von Crowdinvesting für Unternehmen

Das Beteiligungsunternehmen, das durch Crowdinvesting Eigenkapital (bei einer stillen Beteiligung eventuell Fremdkapital) einwirbt, ist in geringerem Umfang auf große Kapitalgeber angewiesen, die möglicherweise höhere Anforderungen an eine Kapitalvergabe stellen. Außerdem sind Crowdinvestoren wichtige Markenbotschafter eines Unternehmens, die meistens in ihrem persönlichen Umfeld Informationen über Produkte und Projekte weiterverbreiten.

2. Beteiligungsformen beim Crowdinvesting

Beteiligungsformen beim Crowdinvesting

Als Crowdinvesting-Anlageprodukte kommen stille Beteiligungen sowie auch partiarische Darlehen und Genussrechte in Betracht.

  • Der typische stille Gesellschafter ist nicht zur Geschäftsführung berechtigt. Er haftet nach § 232 Absatz 2 HGB bis zur Höhe seiner Einlage.
  • Genussrechte gehören zwar zu den Unternehmensbeteiligungen, weisen aber auch Eigenschaften festverzinslicher Wertpapiere auf. Bei allen Anlageformen handelt es sich um Mischformen von Eigen- und Fremdkapital. Die Investoren verfügen gewöhnlich nicht über Stimmrechte oder über andere Möglichkeiten zur unternehmerischen Einflussnahme. In allen Fällen hängt die Ertragsausschüttung vom wirtschaftlichen Erfolg des Beteiligungsunternehmens ab.
Abgrenzung von "Crowdinvesting" und "Crowdfunding"

Crowdinvesting gilt als spezielle Form des Crowdfunding. Crowdfunding (Schwarmfinanzierung) ist eine Finanzierungsart, bei der Projekte oder Geschäftsideen von Unternehmen mit eigenkapitalähnlichen Mitteln finanziert werden. Der Begriff "Crowdfunding" findet etwa seit dem Jahr 2006 Verwendung. Das Wort "Crowdinvesting" bildet im deutschen Sprachraum ein Synonym für das “Equity-Based Crowdfunding”, eine von vier Ausprägungen des Crowdfunding, bei der der Anleger eine Unternehmensbeteiligung erwirbt.

3. Crowdinvesting mit Immobilien

Direktinvestitionen in Grundstücke und Gebäude

Beim Crowdinvesting in Immobilien handelt es sich um Direktinvestitionen in Grundstücke und Gebäude. Die in Deutschland erst im Jahr 2014 aufgekommene Anlageform kombiniert das bereits seit einigen Jahren bekannte Crowdinvesting mit der Assetklasse Immobilie. Beim Immobilien-Crowdinvesting erfolgen die Investitionen bislang - anders als bei offenen Immobilienfonds - nicht in mehrere Grundstücke, sondern in ein einziges Immobilienobjekt.

3.1 Immobilien Crowdinvesting: viele Anbieter erst seit 2014 aktiv

Der Crowdinvesting-Markt für Immobilien ist ein sehr junger Markt, der sich noch in der Entwicklung befindet. Die Unternehmen, die auf ihren Internet-Plattformen für Immobilien-Crowdinvesting werben, sind teilweise erst seit wenigen Monaten aktiv. Um feststellen zu können, ob die Crowdinvesting-Investition in eine Immobilie tatsächlich erfolgreich war und das entsprechende Konzept aufgegangen ist, bedarf es hingegen meistens mehrerer Jahre. Eine abschließende Bewertung des Konzepts des Immobilien-Crowdinvesting kann daher noch nicht vorgenommen werden.

3.2 Funding-Zeitraum und Funding-Schwelle

Crowdinvesting-Unternehmen stellen auf ihren Webseiten Informationen über die aktuellen und früheren Immobilienprojekte bereit. Der Initiator legt auch die Zeitspanne fest, innerhalb der sich Interessenten an einem Immobilien-Projekt beteiligen können (Funding-Zeitraum). Nur bei Erreichen des vorgegebenen (Mindest-) Finanzierungsbetrags (Funding-Schwelle) kommt die Investition tatsächlich zustande. Bei Unterschreiten der Funding-Schwelle zum Ende des Funding-Zeitraums erhalten Investoren, die bereits eine Beteiligungserklärung abgegeben hatten, ihr Kapital zurück.

3.3 Der Verlauf einer erfolgreichen Crowdinvesting-Investition

Kommt die Investition zustande, erhält das Beteiligungsunternehmen das eingesammelte Kapital, sodass mit dem Immobilienprojekt begonnen werden kann. Das Crowdinvesting-Unternehmen stellt den Investoren regelmäßig Informationen zur Geschäftsentwicklung zur Verfügung. Bei erfolgreichem Geschäftsverlauf erhalten die Kapitalanleger die vereinbarten Ausschüttungen.

3.4 Das Volumen der bisherigen Crowdinvesting-Investitionen

Das weltweite Volumen aller bisherigen Crowdinvesting-Anlagen erreichte Ende 2014 16,2 Milliarden US-Dollar. In Deutschland soll das Crowdinvesting-Finanzierungsvolumen im Kalenderjahr 2014 in Deutschland bei 24 Millionen Euro gelegen haben: Während die Investitionen in Start-up-Unternehmen mit 14,7 Millionen Euro in 2014 stagnierten, weitete sich das Crowdinvesting mit Immobilien auf 7,3 Millionen Euro aus.

3.5 Steigendes Neuvolumen von geringem Ausgangsniveau

Das historisch niedrige Zinsniveau weckt in vielen Anlegern den Wunsch nach einer Kapitalanlage in Immobilien. Kleininvestoren verfügen jedoch oft nicht über die finanziellen Mittel, um eine Eigentumswohnung oder ein Haus zu erwerben. Durch Teilnahme am Immobilien-Crowdinvesting hoffen Kleinanleger, mit kleinen Beträgen nunmehr an einer hochrentablen Immobilienanlage teilhaben zu können.

Nicht zuletzt die Werbemaßnahmen der Crowdinvesting-Plattformen haben zu einem höheren Bekanntheitsgrad der Anlageform Immobilien-Crowdinvesting geführt und damit (von einem niedrigen Ausgangsniveau aus) zum Anstieg des Investitionsvolumens maßgeblich beigetragen.

Intensive Öffentlichkeitsarbeit der Crowdfunding-Branche

Die Informationsplattform Crowdfunding de, die sich zum Ziel gesetzt hat, "den Crowdfunding Gedanken weiter zu verbreiten", berichtet von einer in im April 2015 veröffentlichten Umfrage, nach der 51,8 Prozent aller Befragten von Crowdfunding schon "gehört" haben. Allerdings wussten nur 24,5 Prozent der Umfrageteilnehmer, um was es sich bei Crowdfunding handelt. Angeblich haben sich bereits 7,3 Prozent aller Befragten "schon mal" finanziell an Crowdfunding Projekten beteiligt. 48,2 Prozent hatten von Crowdfunding noch nichts gehört. Crowdfunding.de bewertet die Umfrageergebnisse als vielversprechend, hält aber "weitere Informationsarbeit" für "dringend geboten".

3.6 Crowdinvesting Immobilien: hohe Zuwachsraten, bisher geringe Bedeutung

  • Bei der Bewertung steigender Crowdinvesting-Volumina im Bereich Immobilien ist aber auch zu berücksichtigen, dass es sich um eine erst im Jahr 2014 aufgekommene Anlageform handelt, sodass sich (in Prozentpunkten gerechnet) schnell hohe Zuwachsraten errechnen.
  • 60 Prozent der Crowdinvesting-Neuanlagen sollen auf Mehrfachanleger entfallen. Daher führt bereits eine begrenzte Anzahl neu hinzukommender Investoren zu einer erkennbaren Ausweitung der Anlagesparte.
Zwischenfazit

Mit Neuanlagen in Deutschland von vielleicht sieben Millionen Euro im Jahr 2014 handelt es sich beim Crowdinvesting Immobilien um eine Anlageform von (noch) sehr kleiner Bedeutung. Zum Vergleich: Allein das Geldvermögen privater Haushalte in Deutschland erreichte Ende 2014 einen Wert von fast 5,1 Billionen Euro.

4. Die Ausgestaltung von Crowdinvesting Immobilien-Angeboten

Auswahl der Crowdinvesting-Immobilien

4.1 Die Auswahl der Crowdinvesting-Immobilien

Im Crowdinvesting-Markt für Immobilien heben sich beispielsweise die Anbieter bergfuerst.com, exporo.de und zinsbaustein.de von anderen Plattformen ab, die nicht über aktuelle Angebote verfügen.

BERGFÜRST Bank AG

Die Plattform der BERGFÜRST Bank AG hat im September/Oktober 2014 mit der Platzierung ihrer ersten Crowdfunding-Immobilie "Das Middendorf Haus" (Hamburg) begonnen, bei dem es sich um ein gemischt-genutztes Objekt handelt (hälftig Wohn- und Gewerbeeinheiten). Bergfürst präferiert nach eigenen Angaben allerdings in deutschen Wachstumsregionen gelegene Wohnimmobilien. Dabei geht Bergfürst von einem "Trend zur Urbanisierung" aus. Die zu erwartende positive demografische Prognose werde in vielen Städten zu einem weiteren Anstieg von Mieten und Wohnimmobilienpreisen führen.

Bei BERGFÜRST investieren Privatanleger in Einzelimmobilien, die Sie dank detaillierter Informationen genau kennen lernen können. Der Einstieg ist zu 100 % gebührenfrei und bereits ab EUR 10 möglich. So können die Anleger in unterschiedliche Immobilien-Projekte investieren und ihr Portfolio sinnvoll diversifizieren. Sie streuen auf diese Weise das Risiko und erhalten – je nach Objektart – Zinsen von 3,5 % – 7 % p.a. Investoren, die vor Laufzeitende an ihr Geld möchten, bieten ihre Beteiligung einfach auf dem Handelsplatz von BERGFÜRST an – das ist in Deutschland so nur bei BERGFÜRST möglich.

Exporo AG

Die Exporo AG startete mit dem Crowdinvesting in Immobilien im Dezember 2014. Am Eigentumswohnungsprojekt Hamburg Feldbrunnenstraße beteiligten sich 440 Investoren mit insgesamt 2,1 Millionen Euro.

EXPORO bietet Investoren die Möglichkeit, bereits ab 500 EUR direkt und online in lukrative Bauvorhaben zu investieren, die bisher institutionellen und anderen finanzstarken Investoren vorbehalten waren. Die Investoren profitieren auf EXPORO von 4,5 % - 6 % Zinsen im Jahr und kurzen Laufzeiten zwischen 2 - 5 Jahren.

Zinsbaustein GmbH

Zinsbaustein.de ist eine neue digitale Plattform für Immobilieninvestments. Mit einem transparenten Portal, attraktiven Anlageprojekten und niedrigen Einstiegsinvestments öffnet das Start-up den Markt für neue Zielgruppen. Hinter dem Unternehmen stehen mit der sontowski & partner group (S&P) und der FinLeap GmbH zwei etablierte Branchengrößen, die Immobilien-Know-how mit Digitalkompetenz vereinen.

Anleger können ab 500 EUR in Projekte investieren. Die angestrebte Verzinsung des eingesetzten Kapitals liegt bei 5,25 Prozent jährlich und das bei kurzen Laufzeiten von 12 bis 36 Monaten. Alle angebotenen Projekte werden nach strikten Kriterien und in Zusammenarbeit mit S&P ausgewählt. Seit April 2016 ist zinsbaustein.de die erste TÜV-zertifizierte Crowdinvesting-Plattform in Deutschland.

4.2 Mindestanlagebeträge

Die Mindestanlagebeträge liegen beim Crowdinvesting in Immobilien häufig zwischen 10 Euro (Bergfürst) und 500 Euro (z. B. Exporo).

4.3 Nachrangdarlehen

Die Kapitaleinlagen der Crowd-Investoren besitzen zumeist den Status eines Nachrangdarlehens: Die Besicherung der Immobilien-Beteiligungen erfolgt dann durch die Eintragung einer nachrangigen Grundschuld im Grundbuch.

Hinweis!

Wird eine Immobilie zwangsversteigert, so werden zunächst die erstrangigen Gläubiger (vornehmlich die kreditgebenden Banken des Unternehmens) und erst anschließend z. B. die Genussschein-Inhaber befriedigt - soweit der Veräußerungserlös hierzu ausreicht.

4.4 Kapitalverzinsung

Die jährliche Kapitalverzinsung beträgt je nach Crowdinvesting-Plattform und Investitionsobjekt 3 bis 8 Prozent. Die Auszahlung der Zinsen erfolgt entweder einmal jährlich oder in einer Summe zum Laufzeitende - gemeinsam mit der Rückzahlung des Anlagebetrages.

Teilweise Partizipation an Wertsteigerungen

Bei einigen Crowdinvesting-Immobilien partizipieren die Anleger auch von möglichen Wertsteigerungen der Immobilie. Die Partizipation an einem Immobilien-Wertzuwachs erfolgt durch Auszahlung eines Bonus zum Laufzeitende der Investition.

  • Die Wertentwicklung wird aufgrund von Wertgutachten zum Laufzeitbeginn und zum Laufzeitende der Investition ermittelt. Wird die Immobilie verkauft, so ergibt sich die seit dem Anteilserwerb erfolgte Wertveränderung anhand des erzielten Verkaufserlöses.
  • Bei einer Teilhabe an der Wertsteigerung erhält der Anleger allerdings gewöhnlich eine niedrigere Grundverzinsung.

4.5 Die Laufzeiten von Crowdinvesting-Kapitalanlagen

Die Laufzeiten derzeit veröffentlichter Crowdinvesting-Immobilienangebote liegen zwischen 18 Monaten und 15 Jahren. Genussschein-Emittenten behalten sich teilweise das Recht vor, den Genussschein vorzeitig zu kündigen und den Anlagebetrag (zuzüglich Zinsen) vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit zurückzahlen.

Beispiel:

Für Genussscheine des Bergfürst-Projektes "Das Middendorf Haus" gilt eine Laufzeit von fünf Jahren. Der Genussschein-Emittent darf das Wertpapier aber bereits "ab Jahr drei" kündigen (also wohl bereits nach Ablauf von zwei Jahren). Gerade bei einem günstigen Projektverlauf geht den Investoren bei vorzeitiger Emittenten-Kündigung möglicherweise ein erheblicher Teil der erzielbaren Rendite verloren.

4.6 Keine Nachschusspflicht

Eine Nachschusspflicht für Anleger für den Fall, dass das Beteiligungsunternehmen in finanzielle Schwierigkeiten geraten sollte, besteht regelmäßig nicht.

Schließen möglicher Finanzierungslücken

Ergibt sich jedoch bei einem Immobilienprojekt Nachfinanzierungsbedarf, so muss die aufgetretene Finanzierungslücke bei Ausschluss der Nachschusspflicht der Investoren z. B. durch ein zusätzliches Bankdarlehen geschlossen werden. Gelingt dies nicht, so sind eventuell die Liquidität der Immobiliengesellschaft und der Erfolg der Kapitalanlage gefährdet.

4.7 Elektronische Handelsplattformen

Crowdinvesting-Unternehmen haben elektronische Handelsplattformen eingerichtet, auf der Anteile gekauft und verkauft werden können. Anleger sollten sich jedoch nicht darauf verlassen, dass ein später von ihnen gewünschter Verkauf ihrer Beteiligung durch eine solche Handelsplattform gewährleistet ist.

Möglichkeiten zur Veräußerung eines Unternehmensanteils

  • Eine Verpflichtung zur Rücknahme von Beteiligungen durch das Beteiligungsunternehmen oder eine Crowd-Plattform ist in den Verkaufsprospekten nicht vorgesehen.
  • Verkäufe von Unternehmensanteilen sind auf Sekundärmarkt-Handelsplattformen nur im Rahmen von Angebot und Nachfrage möglich. Der Verkauf z. B. eines Genussscheins kommt nur dann zustande, wenn sich parallel zum Verkaufswunsch eines Kapitalanlegers ein Käufer findet und sich Käufer und Verkäufer über den Preis einigen.
  • Da sich bei einer Crowdfunding-Investition in Immobilien oft nur eine begrenzte Anzahl von Investoren beteiligen (manchmal nur einige Hundert Kapitalanleger), erscheint es völlig offen, ob, wann und zu welchem Kurs ein Verkauf zustande kommt.
  • Hinweis: Selbst bei größeren geschlossenen Fonds, an denen sich in der Vergangenheit Tausende von Anlegern beteiligten, kamen in der Vergangenheit Kauf- bzw. Verkauf-Transaktionen auf den jeweiligen Handelsplattformen oft nur mit Zeitverzögerungen und unter teils hohem Verlust für den seinen Anteil verkaufenden Investor zustande.

Tipp!

Crowdinvestoren sollten sich keinesfalls darauf verlassen, dass sie ihren Anteil zeitnah und zu Wunschpreisen über die von den Crowd-Plattformen angebotenen Handelsplattformen verkaufen können. Anleger sollten außerdem wissen, dass sich der bei einem Verkauf erzielbare Preis nicht nach einem "objektiven Wert" eines Anteils richtet, sondern entsprechend Angebot und Nachfrage erheblich von dem wirtschaftlich sinnvollen Anteilswert abweichen kann.

5. Crowdinvesting Immobilie: Die Auswahl zwischen verschiedenen Anlageobjekten ist schwierig

Auswahl an Anlageobjekten

Ein weiterer Vorzug einer Crowdinvestition in eine Immobilie besteht nach Meinung von Crowd-Plattformen darin, dass sich Kapitalanleger nach sorgfältiger Prüfung eines Projektes gezielt für eine ganz bestimmte Immobilie entscheiden können.

5.1 Objektauswahl durch Kleinanleger: Expertise nicht immer vorhanden

Eine sorgfältige Prüfung durch den Investor setzt allerdings voraus, dass der Kleinanleger über die notwendige Expertise verfügt und die Angaben eines Verkaufsprospekts fachkundig und kritisch bewerten kann. Über ein umfangreiches Immobilienfachwissen und entsprechende Erfahrungen verfügen viele Kleinanleger nicht. So dürften Kleininvestoren häufig kaum in der Lage sein, die Güte eines Immobilienstandorts oder eines Projektkonzeptes zu bewerten oder gar den Projektträger einzuschätzen.

5.2 Kritische Prüfung des Verkaufsprospektes ist unerlässlich

Auf den verschiedenen Crowdinvesting-Plattformen nur wenige Immobilien zeitgleich zur Verfügung. Faktisch ist die Möglichkeit einer breiten Auswahl unter verschiedensten Anlageobjekten allenfalls sehr eingeschränkt gegeben.

6. Die Sicherheit von Kapitalanlagen in Crowdinvesting-Immobilien

Sicherheit von Crowdinvesting-Immobilien

6.1 Oft hervorgehobener Vorteil: Immobilien-Investition ist Sachwertanlage

Als Vorteil eines Crowdinvestings in Immobilien wird häufig angeführt, dass nicht lediglich in eine Geschäftsidee eines Start-up-Unternehmens investiert werde. Vielmehr erfolge eine Investition in eine werthaltige Immobilie, die den Anlegern als inflationsgeschützter und werthaltiger Sachwert dauerhaft zur Verfügung steht.

6.2 Die "Angemessenheit" des für eine Immobilie gezahlten Preises

Eine Immobilieninvestition ist für Kapitalanleger nur dann sinnvoll, wenn das Investitionsobjekt zu einem angemessenen Preis erworben wurde. Ob dies so ist, lässt sich angesichts der vielen wertbeeinflussenden Faktoren (von Standort bis Gebäudesubstanz) letztlich kaum zweifelsfrei beurteilen. Auch Wertgutachten unterliegen den unvermeidlich persönlich gefärbten Einschätzungen des Gutachters und den von ihm notwendigerweise genutzten Bewertungsspielräumen. Der Anleger muss davon überzeugt sein, dass der ihm in aller Regel unbekannte Gutachter wirklich fachkundig und seriös ist.

6.3 Der vermeintliche Vermögensschutz durch eine Sachwertanlage greift nicht immer

Jedenfalls dann, wenn Investoren keine Beteiligung an der Wertentwicklung einer Immobilie erhalten, besteht ein "Sachwertschutz" nur so lange, wie das Anlageobjekt nicht zugunsten bevorrechtigter Gläubiger als Sicherheit verwertet wird. Der oft betonte Sachwertschutz ist möglicherweise schnell in Gefahr, wenn die Immobilie in eine wirtschaftlich schwierige Situation gerät.

6.4 Vermietungsrisiko

Kleinanleger können meistens nicht abschätzen - ebenso wenig wie das die Immobilie betreibende Unternehmen -, ob und zu welchen Konditionen auslaufende Zeitmietverträge verlängert werden. Die wirtschaftliche Situation einer Immobilie kann sich rasch verschlechtern, wenn größere Mieter ausfallen und nicht zeitnah zu ersetzen sind.

Hinweis!

Nicht nur persönliche und konjunkturelle Gründe, sondern auch Kostenoptimierungen, Umstrukturierungen und Fusionen können z. B. dazu führen, dass ein gewerblicher Mieter ein zuvor geschätztes Domizil zum nächstmöglichen Termin verlassen möchte.

6.5 Das Sicherheitsmerkmal Transparenz

Die Projektinitiatoren versprechen durch regelmäßige Anlegerinformation Transparenz auch während der Laufzeit der Kapitalanlage. Verschlechtert sich die wirtschaftliche Situation des Immobilienprojektes oder verwirklichen sich bestimmte Anlegerisiken, so mag eine aufklärende Information des Anlegers zwar nützlich sein. Eine Rückforderung des investierten Anlagebetrages ist jedoch zu diesem Zeitpunkt selbstverständlich nicht mehr möglich.

6.6 Die staatliche Prüfung der Verkaufsprospekte ist kein umfassendes Qualitätssiegel

Die Verkaufsprospekte zu den einzelnen Crowd-Immobilien-Angeboten unterliegen der Überprüfung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), worauf Crowd-Plattformen gerne hinweisen. Bei den BaFin-Prüfungen handelt es sich aber nicht um eine Kontrolle der inhaltlichen Richtigkeit der Verkaufsunterlagen. Die BaFin weist ausdrücklich darauf hin, dass eine von ihr obligatorisch vorgenommene Prüfung nichts über Seriosität oder Bonität der Emittenten von Anlageprodukten besagt.

6.7 Allzu menschliche Schwächen lassen sich leider nie ganz ausschließen

Ein Rückblick auf die letzten Jahrzehnte deutscher Wirtschaftsgeschichte zeigt leider, dass selbst die besten Gesetze einen umfassenden Schutz von Investoren vor unseriösen Anlageangeboten nicht lückenlos gewährleisten können. Im kriminellen Zusammenwirken von Immobilienvermittlern, Finanzinstituten und Amtsautorität ausstrahlenden Notaren wurden unerfahrene Immobilienanleger zuweilen schwer geschädigt. Ist ein Schaden aber erst einmal eingetreten, dann hilft den Investoren auch eine spätere strafrechtliche Aufarbeitung kaum mehr. Geschädigten Anlegern verblieben zuletzt oft nicht mehr als eine schlechte Erinnerung an eine unsichere Geldanlage und ein erheblicher Vermögensschaden.

Tipp 1: Komplexe Anlageformen besonders gründlich prüfen

Gesundes Misstrauen ist bei jeder Form der Kapitalanlage angebracht. Dabei gilt für Kapitalanleger der Grundsatz: Je komplexer die Anlageform, desto gründlicher sollten Investoren prüfen.

Tipp 2: Kreditfinanzierung von Crowd-Immobilieninvestments vermeiden

Um Risiken überschaubar zu halten, sollten Crowd-Immobilien-Investoren ihre betragsmäßig begrenzten Kapitalanlagen nicht auf Kredit finanzieren. Während die Kredite laufend mit Zins und Tilgung bedient werden müssen, kann der Erfolg des Immobilieninvestments erst am Ende der Anlagelaufzeit beurteilt werden.

7. Alternative Sichtweise einnehmen:
Die Gründe für den Verkauf der Immobilie durch den bisherigen Eigentümer hinterfragen

Alternative Sichtweise einnehmen

Anleger sollten hinterfragen, warum sich der bisherige Eigentümer von seiner Immobilie trennen möchte. Die Verkaufsmotivation des bisherigen Eigentümers lässt unter Umständen Rückschlüsse auf die Immobilie zu.

  • Möglicherweise gibt es in der Person des bisherigen Immobilienbesitzers liegende Umstände, die ihn zum Verkauf veranlassen oder sogar zwingen.
  • Vielleicht bewertet der Verkäufer seine (ihm oft seit Jahren genau bekannte) Immobilie, ihren Standort oder andere Umstände keinesfalls als so aussichtsreich, wie es potenziellen Crowdinvestoren nach Durchsicht eines möglichst vorteilhaft präsentierten Hochglanzprospektes erscheinen mag.

8. Aussage der Crowdplattformen: "Kaum Kosten für Anleger"

Kostenstrukturen der Crowdplattformen klären

Im Unterschied zu anderen Formen der Immobilienanlage fließt das Kapital der Investoren (nach Angaben der Crowdinvesting-Initiatoren) fast vollständig in das Immobilienobjekt. Provisionen, Gebühren und Agios werden den Kapitalanlegern angabegemäß nicht berechnet.

Empfehlung für Crowdinvestoren: Kostenstrukturen genau klären

Auch der Betreiber der Crowd-Plattform hat sicherlich einen berechtigten Anspruch auf eine angemessene Honorierung seiner Dienstleistung. Nach Angaben von Crowd-Plattformen fließt jedoch (nahezu) das gesamte Kapital (ungeschmälert durch Provisionen) in das Investitionsobjekt. Wer aber bezahlt dann Services und Engagement der Crowdplattform? An einer Immobilieninvestition über Crowd-Plattformen interessierte Anleger sollten die Kostenstrukturen prüfen.

Fazit: Jede Crowdinvesting-Kapitalanlage in Immobilien genau prüfen

Fazit zu Crowdinvesting in Immobilien
  • Kapitalanleger sollten sich nur für solche Crowdinvesting-Anlagen in Immobilien entscheiden, die ihren Kenntnissen und Erfahrungen entsprechen und deren Risiken sie umfassend einschätzen können.
  • Anleger sollten nicht vorrangig aufgrund einer hoch erscheinenden Verzinsung eine Crowdinvesting-Anlage in Immobilien tätigen, sondern Risiken und Chancen sorgfältig gegeneinander abwägen.
  • Investitionen in Crowdinvesting-Immobilien sollten sich konsequent auf kleinere Anlagebeträge beschränken, auf die ein Anleger dauerhaft verzichten kann. Ein Totalverlust darf nicht zu einer existenziellen Gefährdung des Anlegers führen.
  • Zu empfehlen ist eine breite Vermögensstreuung auf verschiedenste Anlageklassen und/oder Anlageobjekte.